Über 25 Jahren setzt sich Rüdiger Barth, seit über 14 Jahren Leiter des Kinder- und Jugendhospizes Balthasar in Olpe, für eine bessere Versorgung dauerbeatmeter Kinder und Jugendlicher in Deutschland ein.
Dafür wurde ihm heute in München im Rahmen des MAIK Münchner außerklinischer Intensiv Kongress der MAIK-Award verliehen. Mit diesem Preis werden Menschen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für Menschen mit Behinderung, Krankheit und außerklinischer Beatmung in Deutschland engagieren.
Als gelernter Bankkaufmann entdeckte er durch den Zivildienst in einer Kinderklinik seine Berufung zur Kinderkrankenpflege. Beruf und Berufung gehören bei Rüdiger Barth seit damals untrennbar zusammen. Bei seiner Tätigkeit in der Intensivstation der Kinderklinik Siegen wurde der Grundstein für sein Engagement gelegt. Den Ausschlag gab seine Begegnung mit einem kleinen Jungen, der aufgrund der damals noch fehlenden technischen Möglichkeiten wegen einer Kontakt-Poliomyelitis (Kinderlähmung) vom 1. bis 5. Lebensjahr in der Intensivstation leben musste. Rüdiger Barth übernahm zunächst dessen Vormundschaft, später dann auch die gesetzliche Betreuung und wurde so zum Pflegevater für das dauerbeatmete „Intensivkind“. Zusammen mit einigen Kolleginnen sorgte er nicht nur dafür, dass der kleine Patient trotz des erheblichen Aufwands die Intensivstation stundenweise verlassen konnte. Er nutzte diese Ausflüge auch dafür, dem Jungen Kontakt zur eigenen Familie und damit ein normales Familienleben zu ermöglichen. Bis heute besteht die Verbindung zu dem Jungen, der inzwischen als junger Mann in einer Wohnung in Süddeutschland lebt. Dorthin war er schon vor Jahren umgezogen, damit er trotz seiner Beatmung eine Schule besuchen kann. Mehrmals im Jahr fährt Rüdiger Barth über 500 Kilometer, um seinen Pflegesohn zu besuchen.
Durch dieses Pflegekind für die Sorgen und Nöte dauerbeatmeter kleiner Patienten sensibilisiert, organisierte und moderierte Barth 1999 die bundesweit erste „Fachtagung für dauerbeatmete Kinder“. Parallel dazu entwickelte er eine der ersten „Qualifizierungsmaßnahmen zur Pflege von dauerbeatmeten Kindern und Jugendlichen“, um sein Wissen und seine Erfahrung an Pflegepersonal in ganz Deutschland weiterzugeben. Außerdem gründete er gemeinsam mit anderen Fachleuten die „GKind-AG dauerbeatmete Kinder und Jugendliche“ und war zugleich mehrere Jahre lang deren Sprecher.
Einige Jahre war Rüdiger Barth auch als Flugbegleiter bei Rückholflügen von beatmeten Kindern aus dem Ausland tätig. In dieser Zeit unterrichtete er als Dozent medizinische Flugbegleiter, um auch sie mit den Besonderheiten dauerbeatmeter Kinder und Jugendlicher vertraut zu machen. Ebenso war er verantwortlich für die theoretische und praktische Einarbeitung in die Versorgung außerklinisch beatmeter Kinder und Jugendlicher von Mitarbeitern in einer Pflegeeinrichtung und in der häuslichen Kinderkrankenpflege. Schließlich war er beteiligt an der Planung der „Kinderinsel“, einer Wohnstation für dauerbeatmete Kinder in Siegen.
Seit 2002 leitet Rüdiger Barth das Kinder- und Jugendhospiz Balthasar und arbeitet auch hier die Mitarbeiter in die außerklinische Versorgung beatmeter Kinder und Jugendlicher ein. Dank seines Engagements konnten und können erstmals Kinder mit Beatmung auch in einem Kinderhospiz versorgt werden – bis heute nicht in allen Kinderhospizen eine Selbstverständlichkeit. Die Eltern der schwerkranken, kleinen Gäste im Kinder- und Jugendhospiz Balthasar schätzen Barth als erfahrenen Ratgeber bezüglich der medizintechnischen Versorgung ihrer Kinder.
Rüdiger Barth sind vor allem die kleinen Patienten wichtig. Ihr Wohl hat er im Blick, wenn er sich vehement für die Vernetzung der unterschiedlichen Versorger einsetzt, damit jedes dauerbeatmete Kind und jeder Jugendlicher in einem speziell auf ihn zugeschnittenen Setting – entweder zu Hause oder in einer besonderen Einrichtung - versorgt werden kann. Durch seine begeisterungsfähige Art rückt er diese besonderen Kinder und Jugendlichen seit vielen Jahren in den Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit und gibt den beatmeten jungen Menschen eine Stimme. Er hat maßgeblich zur Verbesserung der außerklinischen Versorgung dauerbeatmeter Kinder und Jugendlichen in Deutschland beigetragen und vielen Pflegenden, wie auch Eltern in Fort- und Weiterbildungen wertvolle theoretische und praktische Fähigkeiten vermittelt.
2009 wurde ihm für sein unermüdliches und größtenteils ehrenamtliches Engagement für schwerkranke Kinder und Jugendliche von Bundespräsident Köhler persönlich in Berlin das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Zum Kongress:
Der MAIK Münchner außerklinische Intensiv Kongress war in Deutschland der erste Fachkongress für außerklinische Intensivversorgung, der aus der Pflege heraus – von Jörg Brambring und Christoph Jaschke - organisiert wurde und der den Schulterschluss mit den medizinischen Experten suchte. Seit 2008 findet der MAIK jährlich statt; die beiden Gründer sind die jeweiligen Kongresspräsidenten. Der MAIK vereinigt die Kompetenzen aller Berufs- und Interessengruppen, die sich mit der außerklinischen Intensivversorgung von Menschen befassen, deren Körperfunktionen einer erheblichen medizintechnischen Unterstützung bedürfen. Ein Schwerpunkt ist die außerklinische Versorgung von Kindern oder Erwachsenen, die nicht mehr eigenständig atmen können.
Pflegenden aus stationären Pflegeeinrichtungen, von Intensivstationen und aus ambulanten Pflegediensten bietet der MAIK aktuelle und fundierte Informationen für ihren beruflichen Alltag. Der zweitägige Kongress mit Fachvorträgen, Workshops und begleitender Industrieausstellung ist eine ideale Plattform, um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich zu vernetzen. Dies gilt insbesondere für die Mitglieder von Selbsthilfeorganisationen, die Betroffenen, ihre pflegenden Angehörigen und ihre persönlichen Assistenten.