Hält sich der Tod nicht an die Reihenfolge und Kinder und Jugendliche sterben vor den Eltern und Großeltern, ist das für die Betroffenen nur schwer zu begreifen und zu verkraften.
Es bedeutet eine lange Zeit der Trauerarbeit für die ganze Familie, sich mit dem unausweichlichen Abschied und dem Sterben müssen auseinanderzusetzen und gleichzeitig die verbleibende Zeit erfüllt zu gestalten.
Alle Familien befinden sich über viele Jahre in einer permanenten Belastungssituation und erhalten durch das Kinder- und Jugendhospiz Begleitung und Entlastung auf dem Weg von der Diagnose bis zum Tod.
Und dann?
„Dürfen wir dann nicht mehr kommen?“ fragen uns viele Eltern und Geschwister.
Nicht mehr zu Gast sein in einer Einrichtung, die zahlreichen erkrankten Kindern und Jugendlichen, den Eltern, Geschwistern und Großeltern zu einem „zweiten Zuhause“ geworden ist, in dem man Schönes und Schweres miteinander geteilt hat?
Dies ist für die Familien geradezu unvorstellbar, beginnt doch häufig nach dem Tod eine Zeit der Leere, des Suchens nach dem verstorbenen Kind oder Jugendlichen, der Verzweiflung und der Tränen, verbunden mit dem Wunsch, vertraute Orte und Menschen aufzusuchen, die die Erinnerungen an den Verstorbenen teilen.
Spurensuche und Erinnerungen sind wichtige Elemente in der Trauerarbeit. Denn wenn es auch für die sterbenskranken Mädchen und Jungen keine Zukunft gab, haben sie doch beeindruckende Spuren ihres viel zu kurzen Lebens hinterlassen, die sie unvergessen machen.
Deshalb bleibt Balthasar auch nach ihrem Tod eine Anlaufstelle für die Familien. In den Mitarbeiter/-innen finden sie einfühlsame Gesprächspartner/-innen, die solange die Familien es brauchen und wünschen, den Kontakt aufrecht halten, auch über ein Jahr hinaus. Gespräche, Telefonate, ein nochmaliger Aufenthalt im Kinder- oder Jugendhospiz, Besuche am Todestag oder nach Bedarf sind, verbunden mit den gemeinsamen Erinnerungen an die jungen Menschen, eine wertvolle Stütze auf dem Trauerweg.
„Ich fiel in ein bodenlos tiefes Loch. Ohne Euch hätte ich das erste Jahr nach Emmas Tod nicht überstanden“, sagte eine Mutter bei einem Besuch des Kinderhospizes und streichelt dabei den Handabdruck ihrer kleinen Tochter im Eingangsbereich des Kinderhospizes.
„Mir war und ist es so wichtig, dass Anna nach ihrem Tod Spuren hinterlässt und nicht vergessen wird“, äußert eine Mutter beim Spaziergang im spiralförmig angelegten Garten des Jugendhospizes.
Dort liegen Steine der Erinnerung, die mit den Namen der verstorbenen Jugendlichen beschriftet sind. Einer davon liegt unter einem Rosenstrauch und trägt den Namen „Anna“.
„Bei jedem Kontakt mit Euch wird die Last der Trauer etwas leichter“, meint ein Vater, der im Garten die Lieblingsplätze seines verstorbenen Sohnes aufsucht.
„Erinnerung ist das Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können“
Jean Paul
Wach gehalten werden die Erinnerungen in einer mitfühlenden, nachsorgenden Begleitung und den Spuren, die Kinder und Jugendliche hinterlassen haben:
• Hand- und Fußabdrücke der Kinder im Eingangsbereich
• Unterschriften der Jugendlichen auf der Spirale im Jugendhospiz
• auf einer von Eltern und Geschwistern gestalteten Seite im Erinnerungsbuch
• in der Gedenkecke erinnern wir uns an jedem Todestag an die verstorbenen Kinder und Jugendlichen
• der jährliche Balthasar-Gedenktag
An diesem Tag werden alle Familien eingeladen, deren Kinder und Jugendliche im Laufe eines Jahres verstorben sind. Dann werden im Beisein der Familien Windräder mit den Namen der Kinder beschriftet und zur Erinnerung im Garten aufgestellt.
Für die verstorbenen Jugendlichen werden Steine der Erinnerung mit Namen versehen und gemeinsam mit den Familien im Trauergarten niedergelegt.
Alle Symbole, Spuren, Erinnerungen, Rituale und Begegnungen leisten einen wertvollen Beitrag zur persönlichen Trauerbearbeitung der Familienmitglieder und fester Bestandteil der nachsorgenden Begleitung des Kinder- und Jugendhospizes.
„Solange wir leben
Werden sie auch leben,
denn sie sind nun ein Teil von uns,
wenn wir uns an sie erinnern.“
Aus: Tore des Gebets, reformiertes jüdisches Gebetbuch